„Nichts für schwache Nerven“ titelt die Siegener Zeitung zur Jahreshauptversammlung 2021

„Nichts für schwache Nerven“
so betitelte die Siegener Zeitung ihren Bericht über die Jahreshauptversammlung des Waldbauvereins Altenkirchen e. V. am 12.10.2021 in Wissen die ganz im Zeichen der Borkenkäferkatastrophe stand und zitierte damit eine Aussage des Geschäftsführers der Holzvermarktungsgesellschaft Westerwald Sieg GmbH über die Herausforderungen der Holzvermarktung während der Kalamität.

Zum internen Teil begrüßte der Vorsitzende Friedrich Freiherr von Hövel die anwesenden Mitglieder und stellte die form- und fristgerechte Einladung zur Versammlung fest.
In 2020 hatte die Mitgliederversammlung aufgrund der Corona-Pandemie ausfallen müssen.

In seinem Geschäftsbericht erinnerte der Geschäftsführer Alois Hans an die wichtigsten Veranstaltungen und Aktivitäten der Jahre 2019 u. 2020, die coronabedingt in 2020 erheblich reduziert werden mussten:

Der Geschäftsführer erläuterte sodann die wichtigsten Einnahme- u. Ausgabenpositionen im Haushalt der Jahre 2019 u. 2020. Im Wesentlichen stimmen Haushaltsansätze und Istwerte überein. Abweichungen wurden erläutert.
Für die Kassenprüfer trug Herr Rudi Weigold die Kassenberichte vor. Er berichtete von einer ordentlichen und vollständig belegten Kassenführung. Beanstandungen ergaben sich keine.
Die anschließend vorgeschlagene Entlastung von Vorstand und Geschäftsführung wurde von der Versammlung einstimmig beschlossen.
Gleiches gilt für die Annahme des vom Vorstand vorgelegten Haushaltsplans für 2021.

Ersatzwahl für den Vorstand
Das bisherige Vorstandsmitglied Georg Reifenröther hatte erklärt, nicht länger im Vorstand mitwirken zu wollen. Der Vorsitzende dankte Herrn Reifenröther für seine langjährige Mitwirkung und schlug der Versammlung Herrn Marc Schwan aus Steineroth als Nachfolger vor. Herr Schwan stellte sich kurz vor und wurde anschließend von der Versammlung ohne Gegenstimme gewählt

Zum Statusbericht der Holzvermarktungsgesellschaft Westerwald Sieg GmbH Forstwirtschaftliche Vereinigung (HWS) erläuterte der Geschäftsführer der HWS Alois Hans die wichtigsten Kennzahlen des achten und neunten Geschäftsjahres seit Firmengründung.
Die sich in 2018 bereits abzeichnende unheilvolle Entwicklung in den Wäldern beschleunigte sich in 2019 und 2020 weiter. Die im Winter 2018/2019 erfassten Mengen an stehendem Käferholz wurden ebenso unterschätzt wie die am 10.03.2019 von Orkan „Eberhard“ zusätzlich produzierten Windwurfmengen.
Erneute Trockenheit und Hitze schwächten die Bestände zusätzlich und ließen die Borkenkäferpopulation explodieren. Trotz größter Anstrengungen in Produktion und Vermarktung, war die Situation nicht mehr zu kontrollieren. Die bestehenden Vertragskontingente reichten nicht mehr aus, zusätzliche Mengen waren nicht zu platzieren. Der Export (Container) war ein wichtiges Ventil, aber nicht ausreichend, die Lage zu beherrschen. Qualitätsmängel (Bock, Trockenrissigkeit, Rotstreifigkeit) führten zur Zurückweisung einzelner Partien und großem Unmut bei Lieferanten und potenziellen Abnehmern.
Der Brand beim Sägewerk Koch und der Ausfall dieses Großkunden der HWS verschlechterte die Situation zusätzlich.
Die Holzpreise stürzten ins Bodenlose; schwache Dimensionen und geringwertigere Sortimente konnten nicht mehr kostendeckend aufgearbeitet werden.
Der Ausbruch der Corona-Pandemie, zunächst in China, dann in Europa, belasteten das Geschäft außerdem (Containerknappheit, Vertragsstornierungen).
Die Selbstwerbung (Eigenhandel) wurde zum dominierenden Geschäft. Die etablierten heimischen Unternehmen bauten ihre Kapazitäten aus und konnten doch nicht Schritt halten. Neue Angebote von bislang unbekannten Unternehmen wurden von einigen Revierleitern zunächst skeptisch beäugt, sodass manche Gelegenheiten ungenutzt blieben.
Die HWS senkte die Vermarktungsentgelte erneut bis auf ein Fünftel des regulären Satzes.
Ab Mitte 2020 kehrte sich die Nachfragesituation zunehmend um. Insbesondere die Anfragen nach Containerholz waren nicht zu befriedigen
Mit einzelnen Revierleitern konnten dann neue SW-Firmen eingesetzt werden.
Bei den heimischen Sägern wuchs die Erkenntnis, dass die werksnahe Rohstoffversorgung endet.
Mit Beginn des Jahres 2021 stiegen die Preise.
Die Zukunftsaussichten sind unsicherer denn je.

Nachdem aus der Versammlung kein Nachfragebedarf bestand, bedankte sich Freiherr von Hövel bei Herrn Hans für die geleistete Arbeit unter außerordentlich schwierigen Bedingungen.

Da sich der Waldbauverein derzeit mit Landesforsten in den Verhandlungen über die Revierdienstgebühren im Gemeinschaftswald ab 2022 befindet, fragte der Vorsitzende bei den Versammelten die Tendenz für die zukünftige Zahlungsbereitschaft ab. Gegen die Feststellung, dass niemand bereit zu sein scheint, gleich hohe oder gar höhere Gebühren als bislang zu zahlen, gab es keinen Widerspruch.

Nach einer kurzen Pause, eröffnete Friedrich Freiherr von Hövel den öffentlichen Teil. Er begrüßte namentlich die zahlreichen Ehrengäste, Vertreter aus Politik und Verwaltung sowie die Presse.

Die dramatische Entwicklung in den Wäldern gefährde die Zukunft vieler Forstbetriebe, da die Fixkostenbelastung durch die Einnahmen aus der Bewirtschaftung nicht mehr gedeckt werden könnten. Es bestehe die Gefahr der Resignation bei etlichen Waldbesitzern. Die Politik habe dies erkannt und durch entsprechende Förderungen zur Sicherung der Liquidität in der Hochphase der Kalamität beigetragen. Auch die Bundeswaldprämie hätte ein wichtiges Signal gesetzt, wofür dem AGDW-Präsidenten und der Bundeslandwirtschaftsministerin zu danken sei.
Allerdings wüchsen die Ansprüche an den Wald sowohl wirtschaftlich, als auch sozial. Widersprüchlichkeiten zwischen EU-Waldstrategie, EU-Biodiversitätsstrategie, Klimaschutzgesetz, Schutz und Nutzung seien offensichtlich.
Der rasant fortschreitende Klimawandel erhöhe die Unsicherheiten bei den Bewirtschaftern. Gewaltige Aufgaben bei Wiederaufforstung, Pflege und Ausübung einer waldfreundlichen Jagd stünden bevor. Politische Unterstützung und finanzielle Förderungen müssten diesen Prozess begleiten. Zudem mahnte er einfachere Fördervorschriften, die Honorierung von Ökosystemleistungen, Konzepte zur Bewirtschaftung des Kleinprivatwaldes sowie bezahlbare Beförsterungsgebühren an.
Seinen Dank richtete er an die Mitarbeiter des Forstamtes und wünschte Standfestigkeit angesichts anhaltender Belastungen.

Nach einer Kurzvorstellung seiner Person schilderte der neue Forstamtsleiter Michael Weber seine Sicht der Lage im Forstamtsbereich. Das forstliche Handeln sei von jeher von Unsicherheiten geprägt gewesen - der Klimawandel bestärke diese. Auch wüchsen die gesellschaftlichen Anforderungen an den Wald immer weiter. Im Forstamt rechne man als Folge der Kalamität mit 5000 bis 6000 ha wieder zu bewaldender Fläche. Er appellierte, trotz möglicher Rückschläge, nicht aufzugeben und betonte die Notwendigkeit eines neuen waldbaulichen Geistes.

„Wiederbewaldung und Zertifizierung – Was sagen die PEFC-Standards?
Dazu nahm PEFC-Regionalassistent Matin Kempkes Stellung.
Er mahnte zunächst Bedacht und Ausdauer beim Waldumbau an und ging dann bei den PEFC-Standards auf die Einzelpunkte Integrierter Waldschutz (Pflanzenschutzmittel), Kunststoffe im Wald, Baumartenwahl, Waldränder, Saat- und Pflanzgut sowie angepasste Wildbestände ein

Als Hauptredner der Versammlung hatte der Waldbauverein Forstdirektor a. D. Helmut Rieger, langjähriger Waldbautrainer bei Landesforsten RLP, eingeladen.
In seinem Vortrag „Praktische Empfehlungen für den Waldbau im Zeichen von Klimaerwärmung und Borkenkäferkalamität“ spannte er einen weiten Bogen von der Forstgeschichte über die standörtlichen und klimatischen Bedingungen, die Ansprüche der einzelnen Baumarten bis zu den waldbaulichen Umsetzungen.
Seine Empfehlungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

Aktiv sein durch:

Mit einem Präsent und dem Dank bei den Referenten für die Vorträge sowie den Anwesenden für ihr Erscheinen schloss der Vorsitzende die Versammlung.