Jahreshauptversammlung 2017 - Waldbesitzer stehen vor großen Herausforderungen

Etliche spannende Themen konnte der Waldbauverein Altenkirchen anlässlich seiner diesjährigen Mitgliederversammlung präsentieren, zu der der Vorsitzende des Vereins Friedrich Freiherr von Hövel zahlreiche Mitglieder und Ehrengäste auch aus Politik und Verwaltung im Wissener KulturWerk begrüßen konnte.

Nach einer Rückschau auf die Veranstaltungen und Aktivitäten des vergangenen Jahres hob der Geschäftsführer des Vereins Alois Hans das Thema der diesjährigen Sozialwahl hervor, in der die Waldbesitzer, erstmals in dieser Form, die Zusammensetzung der Vertreterversammlung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau mitbestimmen können. Er appellierte an alle Waldbesitzer von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen und dadurch für eine angemessene Interessenvertretung in diesem Gremium zu sorgen.

Als Geschäftsführer der waldbesitzereigenen Holzvermarktungsgesellschaft Westerwald Sieg GmbH Forstwirtschaftliche Vereinigung (HWS) stellte Hans anschließend die wichtigsten Geschäftszahlen des vergangenen Jahres vor. Die vermarktete Holzmenge ist mit 35.000 Festmetern erneut angestiegen, auch wenn sich das Wachstum verlangsamt hat, da immer noch etliche Waldbesitzer ihr Holz über das Forstamt verkaufen lassen, obwohl der Verkauf durch die HWS teilweise deutlich günstiger ist.

Hans konnte weiterhin von anhaltend guten Holzpreisen und einer stabilen Nachfrage berichten. Allerdings sei mittlerweile deutlich festzustellen, dass dickes Holz zunehmend schwerer und nur mit Preisabschlägen zu verkaufen ist und er riet daher dazu, solches Holz rechtzeitig zu ernten. Außerdem bat er darum, einen Teil der Holzerlöse auch in den Bau bzw. die Unterhaltung der Waldwege zu stecken. Eine gute Infrastruktur sei schließlich Voraussetzung für eine reibungslose Holzvermarktung.
Abschließend verwies er auf das jüngste Urteil des OLG Düsseldorf, in dem die Klage des Landes Baden-Württemberg gegen eine Verfügung des Bundeskartellamtes zur Untersagung der gemeinsamen Holzvermarktung des Landes mit und für kommunale und private Waldbesitzer dort zurückgewiesen wurde. Da die Verhältnisse in Rheinland-Pfalz ähnlich gelagert sind, muss man sich auch hier auf Veränderungen einstellen.

Dies griff der Vorsitzende des Waldbesitzerverbandes Rheinland-Pfalz Hans-Günter Fischer in seinem Grußwort auf. Er bezeichnete das Urteil des OLG Düsseldorf auch als richtungsweisend für Rheinland-Pfalz. Der Einfluss des Staates auf die Bewirtschaftung des Waldes sei deutlich in Frage gestellt. Man stehe vor einer Zeitenwende und ein Systemwechsel sei absehbar. Der Forstausschuss des Städte- und Gemeindebundes sei zu dem Ergebnis gekommen, dass das Einheitsforstamt in seiner heutigen Form Geschichte sei. Der Waldbesitzerverband werde die Entwicklung aufgreifen und auf die Schaffung neuer und tragfähiger Strukturen für die privaten und kommunalen Waldbesitzer hinarbeiten.
Seine Aussage, „Die Waldbesitzer müssen sich jetzt aus den Fängen von Landesforsten befreien“, wollte der Ehrenvorsitzende des Waldbauvereins Otto Heinemann so aber nicht stehen lassen. Bei allem Bewusstsein darüber, dass man zu Veränderungen bereit sein müsse, habe man auf örtlicher Ebene immer gut und vertrauensvoll mit Forstamt und Förstern zusammen gearbeitet und dies nie als Umklammerung empfunden.

Nach einer Kurzvorstellung der neuen PEFC-Regionalassistentin für Rheinland-Pfalz und das Saarland Lara Ruppel begrüßte Freiherr von Hövel dann den Hauptreferenten der Veranstaltung Frank Christian Heute,Landschaftsökologe aus Sprockhövel.

In seinem Vortrag „Der Einfluss des Schalenwildes auf den Wald von morgen“ gelang es ihm eindrucksvoll, Zusammenhänge zwischen hoher Wilddichte und Waldentwicklung darzustellen. Die immer noch hohe Zahl an Wildverkehrsunfällen zeige deutlich, dass über die Jagd, trotz steigender Abschusszahlen, bisher der Zuwachs der Wildbestände nicht abgeschöpft werde. Deutliches Zeichen und für den Waldbesitzer besonders schmerzhaft ist die hohe Verbissbelastung des Waldes. Anhand zahlreicher Untersuchungen konnte Heute aufzeigen, dass insbesondere das Rehwild durch sogenannten selektiven Verbiss bestimmte Baumarten (vor allem Laubbaumarten wie Eiche, aber auch die Tanne) bevorzuge und nur die wenig gern gefressene Fichte übrig lasse. Diese Entmischung sei fatal, da der Aufbau eines zukunftsfähigen und klimastabilen Mischwaldes dadurch erschwert oder verhindert wird. So habe beispielsweise die Untersuchung einer Kyrillfläche im Sauerland ergeben, dass von 1.000 vorgefundenen Pflanzen nur 405 Fichten, 4 Buchen und 1 Eiche ohne Verbissschäden waren, kein Einzelfall im Übrigen. Die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen dieser Schäden sind enorm. Heute verwies dazu auf Berechnungen aus zahlreichen Forstbetrieben wonach die Einsparungen durch die gelungene natürliche Verjüngung des Waldes und den Verzicht auf Pflanzungen und Forstschutz zu Einsparungen zwischen 68 und 140 € pro Jahr und Hektar führen. Waldbesitzern, die das Potenzial der natürlichen Verjüngung und deren Entwicklung feststellen wollen, riet er zum Bau kleiner „Weiserzäune“. Darüber hinaus sei das Problem nur über eine Intensivierung der Jagd zu lösen. Hier habe der Waldbesitzer das Heft des Handelns selbst in der Hand. Hohe Jagdpachtforderungen beschränken den Kreis der potenziellen Jagdpächter auf Personen, die zwar zahlungskräftig seien, aber häufig gleichzeitig ihr jagdliches Interesse in den Vordergrund stellen würden. Durch die Verringerung der Jagdpachtpreise kämen auch andere Jäger zum Zuge, die oft auch ortsnah wohnend, die Ziele der Waldbesitzer eher umsetzen könnten. Angesichts der dargestellten Verluste bzw. möglichen Einsparungen gehe diese Rechnung immer auf. Er wolle seine Ausführungen nicht als Angriff auf die Jäger missverstanden wissen, sondern als Appell, die Jagd konsequent auszuüben. Der Waldbesitzer habe zahlreiche Möglichkeiten darauf hinzuwirken.

Fotogalerie Jahreshauptversammlung 2017: 

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Publikationen zum Thema Rehwildbejagung von Frank Christian Heute:

Frank Christian Heute: Rehe mit Raum I

Frank Christian Heute: Rehe mit Raum II

Frank Christian Heute: Jagdpacht versus Wald